Werkchor Ruhrglas
Im Jahr 1923, nachdem die letzten Kriegsschäden beseitigt waren und Grubenbetrieb sowie Kokerei wieder auf Hochtouren liefen, gründete Hugo Stinnes die Glaswerke Ruhr AG. Warum er dies gerade in Karnap tat liegt auf der Hand, waren dies doch vor allem die gute Verkehrsanbindung zur Schiene und an den Rhein-Herne-Kanal aber eben auch das Kokereigas welches zur Beheizung der Glasschmelzöfen in ausreichender Menge zur Verfügung stand. Innerhalb weniger Jahre erwuchs aus dieser Neugründung einer der größten Hohlglashersteller Deutschlands.
In den Jahren 1931/1932 trafen sich dann auf Initiative von Alfred Pott einige Mitarbeiter um gemeinsam zu Singen. Aus diesen Anfängen entstand im Mai 1934 der Werkchor Ruhrglas. In den Nachkriegsjahren 1951/1952 stieg, auch bedingt durch neue moderne Produktionsanlagen, die Zahl der Mitarbeiter bei Ruhrglas von 200 (1945) auf 2.500 an.
Davon profitierte auch der Werkchor, welcher zu dieser Zeit aus über 80 Sängern bestand. Auftritte unter der Leitung von Erich Petzold im gesamten Ruhrgebiet folgten. Insbesondere fanden viele Konzerte im Sportheim des Stadions Mathias Stinnes statt da dieses von vorne herein als Multifunktionsfreizeitheim geplant war.
Während der Werkchor sich zu einer konstanten Größe entwickelte durchlebten die Glaswerke Ruhr mehrere Besitzerwechsel, Stilllegung und Wiederinbetriebnahmen. Heute firmiert das Unternehmen, welches in etwa den Personalstand von 1924 hat, unter dem Namen „SAINT GOBAIN OBERLAND GLAS AG“.
Besonders hervor zu heben ist das alle Eigentümer der Glashütte den Werkchor über all die Jahre gefördert und unterstützt haben. Insbesondere ist dies der guten Vorstandsarbeit zu verdanken welcher es immer wieder verstanden hat mit den jeweiligen Eigentümern im Sinne des Chores zu verhandeln. Namen wie Theo Möller und Walter Böttger seien hier unter Anderen hervorgehoben.
Letztgenannter übernahm dann auch die undankbare und schmerzhafte Aufgabe nach 80 Jahren das Ende der Institution Werkchor Ruhrglas einzuleiten. Gründe dazu waren zu einem das hohe Durchschnittsalter der Sänger, die teilweise doch beschwerliche Anreise zu Proben und Konzerten und natürlich auch die geringe Anzahl Aktiver da es seit vielen Jahren keinen Nachwuchs mehr gab.
Im Oktober 2014 fand dann in der, gut besuchten, Evangelischen Kirche an der Hattramstraße in Karnap das offizielle Abschiedskonzert statt. Unter großem Applaus und mehrerer Zugaben wurde der Chor ein letztes Mal bejubelt.
Der allerletzte Auftritt erfolgte dann in kleinem Rahmen während einem Gottesdienst im April des Jahres 2015. Pfarrerin Anne Bremicker fand die rechten Worte um sich und die Gemeinde vom Chor zu verabschieden. Viele der Anwesenden hatten Tränen in den Augen.
Das letzte kulturelle Aushängeschild Karnap´s ist nun genau so Geschichte wie der frühere Industriestandort.